Vortrag von Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

10.04.2016

Christine Lüders und Caroline Willeke„Diskriminierungserfahrungen-ganz egal, wer sie macht und von wem die Diskriminierung ausgeht-sind Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

So markiert Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), die große Bedeutung ihres Aufgabenfeldes. Die Diskriminierung von Menschen aufgrund folgender sechs Merkmale Alter, Behinderung, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion/Weltanschauung und sexueller Identität ist ein gesamtgesellschaftliches Thema.

Die rechtliche Grundlage zu deren Bekämpfung bietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das 2006 aufgrund der Umsetzung von EU-Richtlinien auch in Deutschland verabschiedet wurde. Gleichzeitig wurde auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ins Leben gerufen. Seit dem 10-jährigen Bestehen der Einrichtung heißte es für die 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem: Menschen beraten, die sich benachteiligt fühlen. Insgesamt gab es bisher 23000 Anfragen. Die Antidiskriminierungsstelle bietet von Diskriminierung betroffenen Menschen juristische Ersteinschätzung und Beratung. Aber auch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Forschung gehören zu den Kernaufgaben der ADS. Das Budget betrug 2015 etwa 3,7 Mio. Euro.

Insgesamt hat die ADS mehr als 50 Studien in Auftrag gegeben. Darunter war eine Umfrage zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Eine andere bezog sich auf die Diskriminierung von Sinti und Roma. Die gewonnenen Erkenntnisse werden dem Deutschen Bundestag in Form eines Berichtes alle vier Jahre vorgelegt. Die ADS ist unabhängig. Ende 2015 wurde eine große Umfrage zu Diskriminierungserfahrungen mit 17 000 Menschen in Deutschland durchgeführt. Sie wird im Laufe des Jahres vorgestellt werden.

 „Warum haben wir das gemacht?“ fragt Christine Lüders. “Bisher fehlt es in Deutschland an detaillierten Daten zu allen Diskriminierungserfahrungen. Wer unter Diskriminierung leidet, macht dies in den seltensten Fällen öffentlich.“ Ziel wird es sein, Handlungsempfehlungen für die Politik und Praxis zu erarbeiten.

Einen besonderen Verdienst der ADS markiert die Einrichtung einer Kommission zur Geschlechterdiskriminierung.

Als konkrete Beispiele für Diskriminierung nennt Christine Lüders die Abweisung von Flüchtlingen in Clubs oder Schwimmbädern, weil es zu Belästigungen von Frauen gekommen sei.

„Die Rechtslage hierzu ist eindeutig“, sagt Christine Lüders, “niemand darf pauschal aufgrund seiner Herkunft abgewiesen werden. Das verstößt eindeutig gegen das Diskriminierungsverbot.“ Und auch der Verweis auf das sogenannte Hausrecht kann dies nicht ändern. „Was das Hausrecht (...) nicht sein darf: Ein Freibrief zur Diskriminierung.“

Um gegen die Benachteiligungen etwa von Frauen oder Menschen mit ausländischen Namen einzutreten, plädiert Christine Lüders für die anonyme Bewerbung. Denn hier entscheidet nur die Qualifikation.

Abschließend betont Christine Lüders ihren Wunsch nach einer offenen Gesellschaft, in der Menschen leben, die in der Lage sind, ihre Vorurteile zu reflektieren und ggfs. zu korrigieren. Dies ist eine Herausforderung für uns alle.

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